Wieder eine Geschichte aus dem Freundeskreis. Jeder trägt seine Bürden. Ich höre gerne zu.

Vieles wiederholt sich, einige Dinge kenne ich selbst. Im Laufe der Jahre begegnet man vielen Menschen, die bereits hunderte Episoden über die Liebe erzählen können.

Sie ist sehr schön. Wenn sie durch die Straßen läuft, richten sich hundert Augenpaare auf sie. Sie weiß es und genießt die Aufmerksamkeit. Auf den ersten Blick wirkt sie sehr selbstbewusst und stark.Vom Erfolg geküsst und zielstrebig. Ihre Freundinnen sagen sie hat alles im Griff und führt das ideale Leben.

Doch ich kenne sie zu gut. Hinter dem Schein verbirgt sich ein zweites Gesicht.
»Ich fühle mich einsam. Ich habe mich wieder mit jemandem getroffen und nichts dabei empfunden.«

Über mangelndes Interesse kann sie nicht klagen. Viele Männer sind fasziniert von ihr und probieren ihr Glück. Ihre Dates verlieben sich und hoffen darauf, dass ihre Gefühle erwidert werden. Doch sie spürt einfach nichts.
Außer Leere.
»Ich habe den Zugang zu meinem Herz verloren. Es schweigt. Ich will niemanden verletzen aber ich kann ihnen keine falschen Hoffnungen machen.«

Gebrochene Herzen pflastern ihren Weg. Es schmerzt sie zu sehen, was sie angerichtet hat. Aus diesem Grund geht sie immer seltener auf neue Annäherungsversuche ein. Sie zieht sich zurück und wird einsamer.
»Bin ich verflucht? Ich will Liebe und stoße sie ab.« Tränen rinnen über ihre Wange.

»Nein, du wurdest verletzt. Die Wunde sitzt so tief, dass du dich nicht mehr traust auf jemanden zuzugehen. Du hast dein Herz verschlossen, um es vor weiterem Schmerz zu schützen.«
Ihr Blick wird klar.

In der Wüste

»Das macht Sinn. Es gab jemanden in meinem Leben, den ich nicht vergessen kann.« Jemanden, der einfach gegangen ist. Aus ihrem Leben verschwunden ist, ohne ein Zeichen zu hinterlassen.

»Oh, er hat etwas hinterlassen. Eine Wüste.« Das Leben kehrt in ihre Augen zurück. Die Erinnerungen
peitschen durch ihren Geist. Ihr Lippen werden zu einem Strich. Sie wehrt sich gegen diese Bilder.
»Zu lange haben sie mein Leben dominiert und es zu einer Hölle gemacht.«

»Er beeinflusst dich immer noch. Selbst, wenn du es nicht merkst.«
»Ich habe ihn vergessen.«
»Wirklich?«
Sie schüttelt den Kopf. Sie hat alles versucht. Selbst die Zeit konnte nicht alle Wunden heilen.
Nur sie selbst kann den Weg herausfinden.

Interessiert sie gar kein Mann mehr?
»Doch. Da gab es jemandem. Vor nicht allzu langer Zeit.« Ihre Augen fangen an zu glänzen. »Doch ich habe ihn von mir gestoßen. Aus Angst. Ein Teil von mir fürchtet sich davor wieder so verletzt zu werden.«
Sie hat den Mechanismus erkannt. Das Rädchen, welches das Getriebe zum Erliegen gebracht hat.

»Vielleicht solltest du ihm noch eine Chance geben.«
»Bestimmt hat er die Nase voll.«
»Du weißt es nur, wenn du es versuchst.«

Ein leises Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen. Es erfordert großen Mut, doch nur so wird sie aus diesem Kreislauf ausbrechen. Die Wunden aus der Vergangenheit heilen langsam aber sie muss nicht mehr leiden. Sie entscheidet, welche Macht diese Person über sie hat.

Die Wüste in ihrer Seele kann sich in eine Oase verwandeln, wenn sie es zulässt.
Auch, wenn es ihr schwer fällt – sie will über ihren Schatten springen. Sie ist tief gefallen aber sie steht wieder auf. Denn sie hat erkannt, dass sie die Zügel ihres Lebens selbst in der Hand hat.

Bilder: Bernd Kasper / Pixelio |||| Twinlili / Pixelio